18.10.2023
Seit 10 Jahren beweist der Standort in Weißensee, dass Gemeinschaft trumpft
Die spätsommerliche Sonne bot dem Pankower Team Mitte September perfektes Feierwetter. Der Grund zum Feiern: Vor 10 Jahren öffnete ZeitRaum im Bezirk seine Pforten – und bietet seitdem Unterstützung und Wohnraum für Menschen mit psychischer Erkrankung. Das Haus in der Schönstraße, gleich ums Eck vom Weißen See, hat nicht nur eine beindruckende Architektur, sondern auch eine interessante Geschichte.
Errichtet am Anfang des 20. Jahrhunderts, gehörte der Gebäudeteil lange Zeit zum gegenüberliegenden Amtsgericht. Im sanierten Bau sind auch heute noch architektonische Spuren der damaligen Zeit zu finden. Später wurde das Haus jahrzehntelang als Jugendwohnheim genutzt, bis die Einrichtung endgültig geschlossen wurde.
ZeitRaum erkannte das Potential dieses nun verlassenen, verwilderten Ortes: Das Gebäude wurde gekauft und saniert, um darin moderne Wohnungen für Menschen mit Unterstützungsbedarf einzurichten. Heute leben sie mitten in Weißensee, erkunden den Kiez und üben gemeinsam wie selbstständig gesellschaftliche Teilhabe. ZeitRaum Pankow und die betreuten Menschen sind in den vergangenen zehn Jahren zu einem akzeptierten, selbstverständlichen Teil der Nachbarschaft geworden.
Helen Rieger, Fachliche Leiterin von ZeitRaum, hat das Projekt von Beginn an begleitet. Bei der Begrüßung der Gäste der Jubiläumsfeier erzählte sie von der Schlüsselübergabe auf dem Areal, nach der sie sich alleine durch Heu und Wildwuchs kämpfte und die Kellerräume mit der Taschenlampe erkundete. Die schönste Erinnerung sind für sie jedoch die unzähligen Menschen, die ZeitRaum in Pankow zum Erfolg verhalfen: „Der schöne Garten, das Café, die Besucher*innen – dieses Haus lebt. Aber dass wir damals in Pankow Wurzeln schlagen und uns so gut entwickeln konnten, ist der großartigen Unterstützung vieler Menschen zu verdanken. Sie haben ermöglicht, dass wir alle heute gemeinsam feiern.“
Zu diesen Unterstützer*innen gehören besonders: die damalige Psychiatriekoordinatorin des Bezirks, Annette Berg, ihre Nachfolgerin Vivien Werk, Herr Lehmke, der das Jugendheim am Standort leitete, der Teilhabefachdienst, das Bezirksamt, der Senat und der Paritätische Wohlfahrtsverband. Zentral für den Erfolg sind natürlich die Mitarbeitenden. Viele Kolleg*innen haben den Standort über die Jahre mitaufgebaut und maßgeblich geprägt.
Vivien Werk, Psychiatriekoordinatorin für Pankow, erinnerte sich in ihren Begrüßungsworten an ihre erste Begegnung mit ZeitRaum in einer Helferkonferenz des Sozialpsychiatrischen Dienstes: „Wir sprachen über einen Klienten, um den wir uns große Sorgen machten, denn er hatte schon verschiedene Hilfsangebote ausprobiert und war in einer sehr schwierigen Situation. Doch da saß ein Kollege von ZeitRaum, und er sagte: ‚Locker bleiben. Das wird schon – mit uns!‘ Und: es wurde.“
„Alle Menschen sind Expert*innen in eigener Sache“, so Vivien Werk. „Diese Einstellung zeugt von Respekt und Akzeptanz – und wird von ZeitRaum gelebt. Das Team hier schafft Zeit und Raum und überwindet mit den Klient*innen gemeinsam Hürden und Schwellen. Ich freue mich darauf, dass der Bezirk und ZeitRaum diesen Weg auch in Zukunft gemeinsam weitergehen.“
Karin Waltz, Geschäftsführerin der ZeitRaum gGmbH, erinnerte an die große Bedeutung von Orten wie dem Haus in der Schönstraße: „Menschen, die Ausgrenzung und Stigmatisierung erfahren, brauchen Lebensraum – mitten in der Gesellschaft, mitten in der Stadt. Es macht traurig, wenn manche aus Angst die Inklusion dieser Menschen verhindern wollen. Doch es stimmt umso positiver, dass ZeitRaum über die Jahre bewiesen hat: Gelebte Teilhabe funktioniert. Man hört nur schöne Geschichten aus dem Umfeld hier. Dieser Erfolg ist den Bewohner*innen und Kolleg*innen zu verdanken.“
Das Sommerfest zum zehnjährigen Jubiläum bot den Gästen nicht nur ein Grillbüffet im Freien, sondern auch eine Fotogalerie, eine Grußkartenwand und vieles mehr. Die aktive Mitarbeit von Bewohner*innen – ob als DJ oder Fotograf – unterstrich: ZeitRaum Pankow lebt Gemeinschaft.